Stellungnahme der GD Gesellschaft für Dermopharmazie e. V. (PDF Format)

Interdisziplinäres Management der Tinea pedis

Fußmykosen zählen zu den häufigsten Infektionskrankheiten des Menschen in der Industriegesellschaft. Vor dem Hintergrund einer großen europäischen Studie zur Verbreitung dieser Erkrankung ist davon auszugehen, dass etwa ein Drittel aller Erwachsenen eine Pilzerkrankung des Fußes aufweist [1].

Charakteristik der Erkrankung

Ursache der Erkrankung ist eine Infektion durch bestimmte, in besonderer Weise an die Haut des Menschen adaptierte Pilze: Dermatophyten [2]. Besonders häufig bedingen diese Mikroorganismen einen Befall des Zehenzwischenraums und unmittelbar angrenzender Hautareale des Fußes. Nachdem durch Dermatophyten bedingte Hauterkrankungen allgemein Tinea heißen, spricht man hier von Tinea pedis vom interdigitalen beziehungsweise aufgrund der charakteristischen klinischen Erscheinungen auch vom intertriginös-mazerativen Typ.

Klinisches Bild und Erreger

Klinisch steht eine weißliche Verquellung der oberen Hautschichten im Vordergrund, hinzu kommen unter Umständen Rötung in der Umgebung, womöglich übergreifend auf die Zehenseitenkanten und den benachbarten Fußrücken, Einrisse (Rhagaden), Nässen, gelegentlich Bläschen und Blasen [3]. Subjektiv kann quälender Juckreiz bestehen, speziell beim Tragen von geschlossenem Schuhwerk, in vielen Fällen fehlt der Juckreiz aber auch. Dies kann dazu beitragen, dass die im Alltag eher versteckt lokalisierte Erkrankung vom Betroffenen gar nicht wahrgenommen oder zumindest nicht hinreichend gewürdigt wird.

Als Erreger steht wie auch bei den anderen Dermatophytenerkrankungen des Fußes Trichophyton (T.) rubrum im Vordergrund. Zu nennen sind außerdem vor allem T. interdigitale beziehungsweise mentagrophytes und Microsporum canis. Gelegentlich verursachen auch andere Pilze Infektionen des Zehenzwischenraums, insbesondere Hefepilze, speziell Candida albicans. Ihr Anteil liegt in der Regel bei bis zu drei Prozent.

Eine weit seltenere, aber ebenfalls wichtige Form der Tinea pedis stellt der hyperkeratotische Typ dar, der durch Schwielen (Keratosen) an den Fußsohlen charakterisiert ist, unter Umständen im Verein mit Rötung, speziell in der Umgebung. Große Anteile des Fußes und des angrenzenden Unterschenkels können erfasst werden. Betroffen ist typischerweise ein Hautareal, das dem entspricht, welches von einem speziellen amerikanischen Schuh, dem Mokassin, bedeckt wird. Deshalb wird diese Form auch Mokassintyp der Tinea pedis genannt. Selten ist die dritte Form der Tinea pedis, der dyshidrosiforme Typ, der durch kleine gruppierte Bläschen an den Fußsohlen gekennzeichnet ist. Noch viel seltener ist der bullöse Typ, der als Maximalvariante des dyshidrosiformen Typs aufzufassen ist.

Die dargestellten Typen der Tinea pedis können allein oder auch vergesellschaftet auftreten, ersteres ist deutlich häufiger. Gelegentlich finden sich am Fußrücken randbetonte Erytheme mit fein- bis mittellamellöser Schuppung, unter Umständen kombiniert mit entsprechenden Veränderungen an Unterschenkel, Leiste (Tinea inguinalis), Stamm (Tinea corporis) und/oder Gesicht (Tinea faciei). Gehäuft findet sich bei der Tinea pedis zusätzlich eine Nagelpilzerkrankung (Onychomykose). Da diese ebenfalls meist durch Dermatophyten, speziell T. rubrum, bedingt ist, wird sie auch Tinea unguium genannt [4].

Im Erwachsenenalter nehmen Tinea pedis und Tinea unguium mit dem Lebensalter zu, Kinder und Jugendliche sind nur selten betroffen. Etablierte begünstigende Faktoren umfassen familiäre Prädisposition ebenso wie Fußfehlstellung. Ohne Schuhgebrauch soll gar keine Belastung mit Fußmykosen gegeben sein: Der Schuh - speziell der Turnschuh aus wenig luftdurchlässigem Material - fördert erhöhte Temperatur und Feuchtigkeit im Zwischenzehenraum, was die Etablierung der Infektion begünstigt, insbesondere wenn oberflächliche Einrisse das Anheften und Eindringen der Erreger fördern. Insbesondere bei Frauen fördert das Tragen von zu engen Schuhen auch die Entwicklung von Fußfehlstellungen wie Hallux valgus. Durch die Verengung und Abkapselung der Zwischenzehenräume wird wiederum das für das Pilzwachstum förderliche so genannte subtropische Klima im intertriginösen Raum begünstigt.

Häufigkeit und Bedeutung

Die Häufigkeitsverteilung der wichtigsten Fußmykosen stellt sich wie folgt dar: Etwa zehn Prozent aller Erwachsenen weisen eine (interdigitale) Tinea pedis auf, weitere zehn Prozent eine Onychomykose und wiederum zehn Prozent beides gleichzeitig. Obwohl in den letzten Jahren umfassende Anstrengungen zur Bekämpfung von Fußmykosen unternommen worden sind, haben sie an Verbreitung in der Bevölkerung eher noch weiter zugenommen. Dies dürfte insbesondere mit dem Älterwerden der Bevölkerung zu tun haben, aber auch mit der Zunahme der Häufigkeit begünstigender Faktoren wie Diabetes mellitus und erworbene Abwehrschwäche sowie einem veränderten Freizeitverhalten (Schwimmen, Saunabesuche).

Bedeutsam ist die Fußmykose im Zwischenzehenraum in mehrfacher Hinsicht: Von hier aus kommt es in der Regel zur Ausbreitung und damit Entwicklung der viel schwerer beherrschbaren Tinea-Formen vom hyperkeratotischen beziehungsweise ungualen Typ. Des weiteren ließ sich in Fall-Kontroll-Studien belegen, dass mit der Tinea pedis vom interdigitalen Typ - beziehungsweise der korrespondierenden Desintegration der epidermalen Barriere - eine vermehrte Gefährdung bezüglich schwerwiegendender bakterieller Infektionen des Unterschenkels einhergeht, im Sinne von Erysipelen [5].

Diagnostik und Labor

Die Erkennung von Fußmykosen ist klinisch nur orientierend möglich. Die genannten klinischen Zeichen erlauben das Stellen der Verdachtsdiagnose. Sie ist aber ohne laboratoriumsmedizinische Untersuchung nicht abgesichert. So kann die so häufige interdigitale Tinea pedis im Einzelfall nicht eindeutig von einem atopischen Ekzem, einer bakteriellen Infektion - wie etwa einem gramnegativen Fußinfekt - oder einer Intertrigo abgegrenzt werden. Was hier selbst für den Experten, also den Hautarzt, gilt, trifft umso mehr für den Betroffenen zu. Selbst bei entsprechender Vorerfahrung im Sinne der Patientenkarriere - und Rezidive sind auch nach erfolgreicher Behandlung im Grundsatz möglich - kann vom Patienten keine sichere Einordnung seiner Erkrankung erwartet werden.

Die laboratoriumsmedizinische Diagnostik gründet seit langem auf zwei Säulen, einer unsicheren und einer sicheren. Die erste besteht in der Nativdiagnostik: Nach geeigneter Gewinnung und Aufbereitung kann das Untersuchungsmaterial (zum Beispiel Schuppen) unter dem Mikroskop beurteilt werden. Finden sich fadenförmig imponierende Pilzelemente, unterstützt dies den Verdacht auf eine Pilzinfektion. Sie ist damit aber noch nicht gesichert, sondern nur wahrscheinlicher gemacht. Eine Aussage über die Art des Erregers ist grundsätzlich nicht möglich. Dies leistet aber die Kultur, die jedoch mit einem Zeitaufwand von mehreren Wochen verbunden ist.

Therapie

Zumindest bei der klinisch und laboratoriumsdiagnostisch gesicherten Tinea pedis ist eine Behandlung unzweifelhaft angezeigt. Bei dem so häufigen interdigitalen Typ wird in der Regel eine topische Therapie vorzusehen sein. Hierfür kommen Pilzhemmstoffe unterschiedlicher Stoffklassen in Betracht, insbesondere Vertreter der Azole, Allylamine und Hydroxypyridone. In der Regel stehen für Wirkstoffe wie Clotrimazol, Terbinafin und Ciclopiroxolamin, um jeweils einen häufig eingesetzten Vertreter zu nennen, Fertigarzneimittel in mehreren kutanen Darreichungsformen zur Verfügung (zum Beispiel als Creme, Gel oder Lösung). Es kann so ein Vehikel ausgewählt werden kann, das dem von Fall zu Fall durchaus unterschiedlichen Hautzustand angepasst ist. Für eine Reihe von solchen Fertigarzneimitteln wurde in randomisierten kontrollierten Blindstudien eine unzweifelhafte Wirksamkeit und gute Verträglichkeit belegt [6].

Im Sinne der Anwenderfreundlichkeit geht der Trend hin zur einmal täglichen Anwendung über immer kürzere Zeiträume. Dies erscheint auch von daher gerechtfertigt, da eine kurze Behandlungsdauer - etwa über eine Woche wie bei Terbinafin - keine Nachteile bezüglich Wirksamkeit und hier insbesondere der Rezidivrate zur Folge hat [7]. Zudem ist gesichert, dass eine einmal erzielte klinische und mykologische Heilung, also das Verschwinden der Krankheitserscheinungen und der Entfall der Nachweisbarkeit des Pilzes als Erreger, durchaus als nachhaltig zu erachten ist. Nichtsdestotrotz konnte trotz der jahrelangen Verfügbarkeit auch hocheffizienter topischer Antimykotika die epidemiologische Situation in Bezug auf die interdigitale Tinea pedis nicht wesentlich verbessert werden.

Zusätzlich zur medikamentösen Therapie gilt es, die Erkrankung begünstigende Faktoren so weit wie möglich auszuschalten. Insbesondere soll nach Wasserkontakt der Zehenzwischenraum getrocknet werden durch Abtupfen mit einem trockenen Frotteetuch oder durch Verwendung eines Haartrockners. Zur Reinigung der Wäsche ist ein Vollwaschmittel in der Maschine bei 60° C zu verwenden [8]. Eine Desinfektion der Schuhe kann erwogen werden.

Beratung in der Apotheke

Nachdem eine ganze Anzahl unzweifelhaft wirksamer topischer Antimykotika heute nicht mehr verschreibungspflichtig ist, stellt sich die Frage, ob der Apotheker, an den sich viele Betroffene primär wenden, hier einen entscheidenden Beitrag zu leisten vermag. Vor dem Hintergrund entsprechender Qualifikation kann er entscheiden, ob die Selbstmedikation in Betracht kommt oder eine Behandlung durch den Arzt, insbesondere durch den Hautarzt, angezeigt erscheint.

Als Arzneimittelexperte verfügt er über das entsprechende Wissen, um den Patienten bei der Auswahl eines geeigneten Präparates kompetent zu beraten. Dabei sollten vorzugsweise hoch wirksame und einfach handhabbare Präparate Berücksichtigung finden. Tritt daraufhin der erwartete Erfolg nicht ein, wird der Apotheker dann in jedem Falle dazu raten, einen Hautarzt aufzusuchen, dem als klinischem Spezialisten die Kompetenz zukommt, die dann zwingend notwendige Laboratoriumsdiagnostik durchzuführen.

Schlussfolgerung

Ein derartiges Management des so verbreiteten Problems der Tinea pedis vom interdigitalen Typ eröffnet angesichts der heute verfügbaren hocheffizienten topischen Antimykotika die Chance, in einem bislang nicht erreichbaren Umfang der Bedrohungssituation Herr zu werden. Mit einer wesentlichen Zunahme von Resistenzproblemen ist dabei bezüglich der Dermatophyten nach aktuellem Wissenstand nicht zu rechnen, sofern tatsächlich hoch wirksame Mittel eingesetzt werden, die bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten auf Anhieb zur Heilung führen. Die Kompetenz für das Management der anderen angeführten Formen von Fußmykosen ist dagegen nicht zuletzt aufgrund der therapeutischen Problematik in der Regel beim speziell hierfür qualifizierten Arzt angesiedelt.

Literatur

[1] Burzykowski T, Molenberghs G, Abeck D, Haneke E, Hay R, Katsambas A, Roseeuw D, van de Kerkhof P, van Aelst R., Marynissen G: High prevalence of foot diseases in Europe: results of the Achilles Project. Mycoses 46 (2003) 496-505

[2] Korting HC, Abeck D, Bernhardt H, Brasch J, Fegeler W, Haake N, Hamm G, Schlacke KH, Seebacher C, Tietz HJ: Tinea der freien Haut. In: Korting HC, Callies R, Reusch M, Schläger M, Sterry W (Hrsg.), Dermatologische Qualitätssicherung, Leitlinien und Empfehlungen, 3. Auflage. W. Zuckerschwerdt Verlag, München, Wien, New York (2003)

[3] Ogasawara Y, Hiruma M, Muto M, Ogawa H: Clinical and mycological study of occult tinea pedis and tinea unguium in dermatological patients from Tokyo. Mycoses 46 (2003) 114-119

[4] Seebacher C, Abeck D, Brasch J, Effendy I, Fegeler W, Ginter-Hanselmayer G, Haake N, Hamm G, Hof H, Korting HC, Schlacke KH, Tietz HJ: Onychomykose (Tinea unguium). In: Korting HC, Callies R, Reusch M, Schläger M, Sterry W (Hrsg.), Dermatologische Qualitätssicherung, Leitlinien und Empfehlungen, 3. Auflage. W. Zuckerschwerdt Verlag, München, Wien, New York (2003)

[5] Roujeau JC, Sigurgeirsson B, Korting HC, Kerl H, Paul C: Chronic dermatomycoses of the foot as risk factors for acute bacterial cellulitis of the leg: a case-control study. Dermatology (eingereicht)

[6] Korting HC, Rychlik R, Pfeil B: Behandlung der Tinea pedis vom interdigitalen Typ, Systematischer Review. Dtsch Med Wochenschr 128 (2003) 1819-1824

[7] Evans EG, Dodman B, Williamson DM, Brown GJ, Bowen RG: Comparison of terbinafine and clotrimazole in treating tinea pedis. Br Med J 307 (1993) 645-647

[8] Ossowski B, Duchmann U: Der Einfluss des haushaltsüblichen Waschprozesses auf mykotisch kontaminierte Textilien. Hautarzt 48 (1997) 397-401

Diese Stellungnahme gibt das Ergebnis einer Konsensuskonferenz, abgehalten am 15.7.2004 in Düsseldorf, wieder, an der folgende Experten mitgewirkt haben:

Dr. W. Klövekorn, Gilching
Prof. Dr. H. C. Korting, München
Dr. J. Kresken, Viersen
PD Dr. M. Schmid-Wendtner, Bonn
Dr. U. Schöffling, Trier

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