Jahrestagung in Berlin präsentiert breites Spektrum der GD

Auch auf Ihrer 3. Jahrestagung am 9. Juni 1999 in Berlin konnte die Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) den Kongressbesuchern ein umfangreiches und anspruchsvolles Tagungsprogramm bieten. In zwölf Vorträgen, von der dermopharmazeutischen Grundlagenforschung bis hin zu Dermokosmetik und Dermatotherapie, bewies der Verein wieder einmal sein breites Arbeitsspektrum sowie das fruchtbare interdisziplinäre Zusammenwirken seiner Mitglieder.

"Wir wollen die Experten!" Mit diesen Worten eröffnete der Vorsitzende der GD, Apotheker Dr. Joachim Kresken, aus Viersen das vielseitige Programm der 3. Jahrestagung und machte deutlich, daß es nicht das primäre Ziel der Veranstaltung war, den Hörsaal mit möglichst vielen Teilnehmern zu füllen, sondern ein anspruchsvolles Programm zu präsentieren, das unter Fachleuten diskutiert werden konnte. Mit der Wahl des Veranstaltungsortes - dem Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) - so betonte Kresken, demonstriere die GD ihr gutes Verhältnis zu den staatlichen Behörden. Aber auch zu weiteren Vereinigungen konnte die GD inzwischen freundschaftliche Kontakte herstellen. So zeigte sich die Tagungsleiterin Professor Dr. Monika Schäfer-Korting, Pharmakologin an der Freien Universität Berlin, in ihren Einführungsworten besonders erfreut darüber, daß der Generalsekretär der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, Professor Dr. Wolfram Sterry Universitätsklinikum Charité, Berlin, in seinem einleitenden Vortrag die stimulierende und fördernde Rolle der GD für die Dermopharmazie hervorhob.

Tagungsleiterin Professor Dr. Monika Schäfer-Korting, Pharmakologin an der Freien Universität Berlin, zusammen mit Professor Dr. Wolfram Sterry (links), Generalsekretär der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft und Apotheker Dr. Joachim Kresken (rechts), erster Vorsitzender der GD.

Nach diesen einleitenden Worten ging die Tagung unter der Moderation von Apotheker Dr. Gerd Kindl, Post-Apotheke, Baldham, und Professor Dr. Roland Niedner, Klinik für Dermatologie in Potsdam, fachlich gleich in medias res. Dr. Burkhard Kleuser von der Freien Universität in Berlin sprach über Sphingolipide als neue Antipsoriatika. Sphingolipid-Spaltprodukte wie Ceramide, Sphingosin, und Sphingosin-1-phosphat (SPP) stellen eine neue Klasse von bioaktiven Molekülen dar. Sie spielen bei der Regulation der Proliferation, der Differenzierung sowie der Apoptose in den Keratinozyten der Haut eine bedeutende Rolle. Durchflußzytometrische Untersuchungen zeigten, daß die Inhibierung des Zellwachstums durch SPP - im Gegensatz zu den Ceramiden - nicht mit einer Induktion der Apoptose verknüpft oder auf zytotoxische Wirkungen zurückzuführen ist. Die Differenzierung der Keratinozyten wird durch SPP sogar signifikant gefördert. Kleuser stellte in seinem Vortrag Untersuchungsergebnisse vor, die belegen, daß mit SPP eine neuartige Verbindung zur Behandlung von hyperproliferierenden Hautkrankheiten wie der Psoriasis vulgaris zur Verfügung steht.

Prof. Dr. Monika Schäfer-Korting bei der Eröffnung der GD-Jahrestagung in Berlin

Die reaktiven Sauerstoffspezies (ROS), wie das topische Antipsoriatikum Dithranol, gehören hingegen längst zum Therapiestandard bei der Schuppenflechte. Neben den gewünschten antipsoriatischen Effekten, so erläuterte Professor Gotthard Wurm, Institut für Pharmazie 1 der Freien Universität in Berlin, lösen die ROS aber auch proinflammatorische Prozesse aus und sind Apoptose-Signale. Die Entwicklungsstrategie bestand darin, das Nutzen-Risiko-Verhältnis zu verbessern. In der Arbeitsgruppe von Wurm gelang dies durch gezielte Reduktion der ROS-Generierung. Dabei wurden zwei analoge Strategien verfolgt: Zum einen die Entwicklung potenter 5-LOX-Inhibitoren mit variabler antioxidativer Potenz und zum anderen die Kombination von 5-LOX-Hemmung und zelldifferenzierender Aktivität in einem Wirkstoffmodell.

Die Vorträge aus dem Bereich Dermobiopharmazie und Dermatopharmakologie moderierten Professor Dr. Bernhard C. Lippold, Institut für Pharmazeutische Technologie der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf, sowie Privatdozent Dr. Christian Surber, Institut für Spital-Pharmazie am Kantonsspital in Basel. Über die Möglichkeiten der Elektronenspinresonanz (ESR) zur Charakterisierung der Wechselwirkungen von Arzneiträgersystemen, wie Liposome, mit der Haut, sprach Professor Dr. Hans-Hubert Borchert, Institut für Pharmazie an der Humboldt-Universität in Berlin. In Liposomen eingeschlossene Spinsonden zeigen an Humanhaut in vitro gegenüber in Puffer gelösten Sonden eine deutlich erhöhte Penetrationsgeschwindigkeit. Der Effekt ist quantitativ mit der Enhancerwirkung von Dimethylsulfoxid (DMSO) vergleichbar. Die liposomal eingeschlossene Sonde ist auch in tieferen Bereichen des Stratum corneums noch teilweise beweglich. Untersuchungen zur Reduktionskinetik der Spinsonde in der Haut zeigten eine verzögerte Reduktion bei der liposomal umhüllten Sonde. Die Humanexperimente, so Borchert in der anschließenden Diskussion, dürfen mit Spannung erwartet werden.

Über die Ergebnisse ihrer Forschungen im Institut für Pharmazie II an der Freien Universität Berlin berichtete Ulrike Trier. In ihrer Doktorarbeit beschäftigte sie sich mit einer neuen Methode zur Bestimmung der Wechselwirkungen zwischen dem Nuklearen Faktor Kappa B (NF-kB) und der DNA. NF-kB ist ein wesentlicher proinflammatorischer Transkriptionsfaktor, der durch Glucocorticoide inaktiviert wird. Erstmals wurde bei der NF-kB-DNA-Interaktionsbestimmung die Fluoreszenz-Korrelations-Spektroskopie angewandt. Dazu wurde ein chimeres Molekül aus NF-kB und dem grün fluoreszierenden Protein konstruiert und exprimiert, das ideale Eigenschaften für die Messung aufweist. Der Nachweis biologischer Aktivität wurde durch Detektion sequenzspezifischer DNA-Bindung des Fusionsproteins erbracht.

Die Anforderungen an Kosmetika bezüglich Wirksamkeits- und Sicherheitsnachweisen werden in Zukunft ansteigen. Gesucht werden deshalb Methoden, die objektive Meßergebnisse zur Erfassung dieser Daten liefern. Dr. Walter Wigger-Alberti, Klinikum für Hautkrankheiten der Friedrich-SchillerUniversität in Jena, lieferte einen Überblick biophysikalischer Meßverfahren zur Bestimmung von Hautfeuchtigkeit, Hautbarriere, Hautrötung, Hautelastizität und des Hautreliefs.

Diesen beiden Vortragsblöcken, die sich überwiegend mit Grundlagenforschung auseinandersetzten, folgten praxisorientierte Vorträge aus dem Bereich der Dermokosmetik, die von Apotheker Leonhard Raunecker, Kitzingen, und Dr. Andreas Schrader, Beratungslabor GbR in Holzminden, eingeleitet wurden. Mit dem sinnvollen Einsatz von Dermokosmetika bei trockener Haut setzte sich Professor Dr. Wolfgang Gehring, Dermatologe am Städtischen Klinikum in Karlsruhe, in seinem Vortrag auseinander. Er stellte seine Untersuchungen zum Einfluß von Emulsionen mit unterschiedlichen Emulsionstypen, Wirkstoffen und Konzentrationen vor. Abhängig vom geprüften Vehikel stellte er für Harnstoff, Glycerin, Vitamin E, Dexpanthenol, und Borretsch-Öl eine Verbesserung der Hydratation der Hornschicht und der Schutzwirkung gegenüber Waschlösungen fest.

Über seine Untersuchungen zur Bedeutung des sauren pH-Werts für die epidermale Barriere im Stratum corneum berichtete Dr. Martin Behne, Department of Veterans Affairs, Medical Center in San Francisco. Er untersuchte, ob zur Erholung der Barriere nach einer akuten Schädigung die Azidifizierung des Stratum corneum erforderlich ist. Behne beobachtete, daß die Barriereerholung normal verläuft, wenn Azeton-behandelte Haut sauren Pufferlösungen ausgesetzt wurde. In neutraler oder alkalischer Pufferlösung hingegen war die Barriereerholung - je nach pH-Wert verzögert. Durch das Hinzufügen von Calcium- und Kaliumionen trat die Erholung noch langsamer ein. Behne schließt aus den gewonnenen Ergebnissen, daß die Barrierefunktion nur im sauren Medium optimal aufgebaut wird und daß die Verzögerung der Barriereerholung durch die Verhinderung der postsekretorischen Lipidverarbeitung stattfindet.

Bei der medizinischen Hautpflege spielt die Akzeptanz eines Produktes beim Verbraucher eine große Rolle. Diplom-Ingenieur Thomas Meyer, Sebapharma GmbH und Co in Boppard, beleuchtete diesbezüglich die Vor- und Nachteile verschiedener Emulsionstypen. Darüber hinaus bestimmen die beabsichtigte Wirkung, der Ort der Applikation, die Altersgruppe, der Hauttyp und natürlich auch der Wirkstoff, welcher Emulsionstyp geeignet ist.

Neue Forschungen aus dem Hause Beiersdorf in Hamburg trug Dr. med. Frank Rippke vor. Er berichtete von vergleichenden Untersuchungen zur antientzündlichen Wirkung zweier Dermokosmetika mit Hamamelisdestillat, einer O/W-Lotion mit zehn Prozent Hamamelisdestillat und einer W/O-Creme mit zwölf Prozent Hamamelisdestillat plus einem Prozent Hydrocortison. Beide Präparate wurden im Vergleich zu ihrem wirkstofffreien Träger sowie zu einer früheren After-sun-Lotion getestet. Untersucht wurde an 30 Freiwilligen mittels modifiziertem UVB-Erythem-Test. Beide Hamamelisextrakt-Formulierungen zeigten eine deutliche entzündungshemmende Wirkung, wobei die hydrophile Emulsion der lipophilen Hamamelis-Formulierung überlegen war.

Durch den letzten Abschnitt des Tagungsprogrammes, die Dermatotherapie, führten die Dermatologin Dr. Eva-Maria Meigel aus Hamburg und Professor Dr. Wolfgang Wiegrebe vom Institut für Pharmazie der Universität Regensburg. Er widmete sich zunächst der Möglichkeit, mit dem 5-alpha-Reduktase-Typ-II-Hemmer Finasterid gegen den androgenetisch bedingten Haarverlust vorzugehen. Privatdozent Dr. med. Hans Wolff, Dermatologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, stellte die Ergebnisse einer an 64 Kliniken durchgeführten Studie an über 1500 Männern mit androgenetischer Alopezie vor. Nach einer Behandlungszeit von 12 Monaten hatten die Finasterid-Probanden auf einer festgelegten Fläche ihres Kopfes durchschnittlich 107 Haare mehr als die Placebo-Probanden. Nach 24 Monaten war die Differenz auf 138 Haare angestiegen. Das Erscheinungsbild besserte sich nach Meinung einer Bewertungskommission innerhalb von 24 Monaten bei 66 Prozent der Finasterid-Probanden, während in der Placebo-Gruppe das Haar nur bei 7 Prozent voller wirkte. Nebenwirkungen traten in der Finasterid-Gruppe nicht signifikant häufiger auf als in der Placebo-Gruppe, auch nicht hinsichtlich Einbußen an Potenz und Libido.

Als pflanzliches Externum gegen Psoriasis vulgaris stellte der Dermatologe Dr. Matthias Augustin von der Hautklinik der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg eine zehnprozentige Zubereitung von Mahonia-aquifolium-Urtinktur in Salbengrundlage vor. Aus einer Studie dieser Zubereitung versus Dithranol-Salbe zieht Augustin den Schluß, daß die Mahoniaaquifolium-Salbe eine klinisch deutlich nachweisbare Wirkung bei Psoriasis aufweist, die jedoch dem Dithranol nicht äquivalent ist. Die Verträglichkeit wurde von den Patienten jedoch bei der Mahonia-Salbe besser bewertet. Placebokontrollierte Studien sowie Untersuchungen der Reinalkaloide von Mahonia stehen noch aus.

Daß es kein ultimatives Antiseptikum gibt, machte Professor Dr. Axel Kramer vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin der Ernst Moritz-Arndt-Universität in Greifswald im Schlußvortrag an zahlreichen Beispielen deutlich. Jedes Biotop und sogar bei demselben Biotop jede Aufgabenstellung mache eine differenzierte Wirkstoffauswahl erforderlich. So sei nicht das wirksamste Antiseptikum das geeignetste, sondern das geeignetste das beste. In seinen Schlußworten faßte der stellvertretende GD-Vorsitzende, Professor Dr. Hans C. Korting von der Ludwig-Maximilians-Universität in München, noch einmal die Highlights der Tagung zusammen und gab bereits Tag und Ort der 4. Jahrestagung der GD bekannt, die für den 24. Mai 2000 im Freiburger Dorint Kongresshotel geplant ist.

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