Andreas J. Bircher
(#)
Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Phytokosmetikums bei
atopischer Dermatitis
Allergologische Poliklinik, Kantonsspital Basel
Ein in einem europäischen Land frei verkäufliches, häufig
bei Hautkrankheiten verwendetes Phytokosmetikum wurde untersucht. Es enthält
nach CFTA deklariert circa 34 Inhaltsstoffe, neben pflanzlichen Substanzen auch
bekannte Kontaktallergene. Bisher wurden damit einige unkontrollierte Studien
bei unterschiedlichsten Hautkrankheiten durchgeführt und mehrheitlich positive
Resultate publiziert. Die Creme wurde vermehrt auch in die Schweiz importiert
und zur Selbstmedikation bei Kleinkindern mit atopischer Dermatitis eingesetzt.
Im Rahmen einer Pilotstudie wurden 21 Patienten mit atopischer Dermatitis untersucht.
Einschlusskriterien waren eine chronische oder chronisch?rezidivierende Dermatitis
in symmetrischer Verteilung. Das Alter betrug 2 bis 56 (Mittelwert 26) Jahre
(inkl. 5 Kinder zwischen 2 und 4 Jahren ), 9 männlichen, 12 weiblichen
Geschlechts. Das Ausmaß der Dermatitis wurde mit der Neunerregel, der
Schweregrad mittels des SCORAD-Index erfasst. Eine bilaterale Lokalisation mit
symmetrischem Befall wurde gewählt, die Therapie mit dem Verum und einem
von Konsistenz, Farbe und Geruch vergleichbaren Vergleichspräparat ("Placebo")
wurde doppelblind randomisiert zugeordnet und während vier Wochen angewendet.
Als Rescue-Medikamente wurden Prednicarbat-Salbe und Cetrizin-Tabletten abgegeben.
Die Patienten wurden an den Tagen 0, 3, 7, 14, 21 und 28 klinisch, mittels des
SCORAD-Index und einer visuellen Analogskala auf Wirkung und Nebenwirkungen
evaluiert. Ein Patient brach die Studie am Tag 3 wegen einer einseitigen Aggravation
auf der Placeboseite ab, 20 Patienten vollendeten die Studie. Bei 16 kam es
frühestens ab Tag 3 im SCORAD zu einem mäßigen bis ausgeprägten
Unterschied zugunsten der Verumseite (Abb. 1-2), bei vier Patienten wurde kein
signifikanter Unterschied beobachtet. Fünf Patienten benötigten im
Verlauf die topische Reservemedikation (Prednicarbat) wegen Verschlechterung
des Hautzustandes, vier Patienten bei der Vergleichsmedikation, ein Patient
beim Verum. Außer einer leichten Irritation, vor allem bei der Vergleichsmedikation,
wurden keine anderen Nebenwirkungen beobachtet. Frühestens sechs Wochen
nach Abschluss wurden Epikutantests durchgeführt, relevante Kontaktsensibilisierungen
wurden nicht gefunden.
Das Phytokosmetikum schien eine rasch auftretende, entzündungshemmende
und juckreizstillende Wirkung zu haben, wobei das aktive Prinzip aufgrund der
deklarierten Inhaltsstoffe nicht klar war. Die Analyse mittels Flüssigkeits?
und Gaschromatographie des Präparates ergab, sowohl im in der Studie verwendeten
Lot als auch in anderen Chargen, das Vorliegen von Triamcinolonacetonid in Konzentrationen
von 16 bis 40 (Mittel 27) µg/g. Diese Werte liegen tiefer als die typischen
Konzentrationen von 100 bis 1000 µg/g in therapeutischen Präparaten.
Da es sich um ein als Kosmetikum deklariertes Präparat handelt, ist der
Gehalt von Kortikosteroiden illegal, und die Gesundheitsbehörden wurden
informiert. Zwischenzeitlich wurden von der Vertreiberfirma verbesserte Kontrollen
der GMP eingeführt, um die deklarierte Zusammensetzung des Kosmetikums
zu gewährleisten. Die Herkunft des Triamcinolonacetonid blieb unklar, eine
Kontamination ist unwahrscheinlich, da in mehreren Lots wiederholt ähnliche
Konzentrationen gefunden wurden. Eine Zugabe der Substanz zu einem der Ausgangsstoffe
oder zum Endprodukt ist möglich. Unsere Untersuchungen zeigen, dass offenbar
auch mit geringeren Konzentrationen eines Kortikosteroides eine therapeutische
Wirkung erzielt werden kann. Frei verkäufliche Präparate, die eine
ungewöhnliche therapeutische Wirkung zeigen, sollten deshalb auf illegale
Wirkstoffe untersucht werden.
(#) unter Mitarbeit von B. Hrubes (Allergologische Poliklinik
und Institut für Spitalpharmazie, Kantonsspital Basel), U. Hauri (Kantonales
Laboratorium Basel-Stadt) und Ch. Surber (Institut für Spitalpharmazie,
Kantonsspital Basel)
Prof. Dr. med.
Andreas Bircher
Copyright © 2000 -
2024 Institute for Dermopharmacy GmbH webmaster@gd-online.de |
Impressum Haftungsausschluss |