Institut für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie der Universität Wien
Die Konservierung topischer Arzneimittel (Salben, Cremes,
Gele) kann in der Praxis zu Problemen wie z.B. erhöhtes Allergisierungsrisiko
oder zu Unverträglichkeiten führen (1, 2). Um einen mikrobiellen
Verderb zu verhindern, muss eine Zubereitung hygienisch einwandfrei hergestellt
und bei Bedarf antimikrobiell behandelt werden. Der Zusatz eines geeigneten
Konservierungsmittels (KM) soll eine mikrobielle Kontamination während
der Verwendung ausschließen. In früheren Arbeiten wurde bereits
darauf hingewiesen, dass durch das zusätzliche Verdünnen von
an sich ausreichend konservierten Salbengrundlagen ihre mikrobielle Stabilität
nicht mehr gewährleistet ist (3, 4) und daher in diesem Fall der
Apotheker verpflichtet ist, das KM zu ergänzen. Ein KM für Dermatika
sollte folgende Forderungen erfüllen (5): Es sollte ein breites Wirkungsspektrum
haben, nicht toxisch, nicht irritierend, nicht allergisierend sein, einen
guten Verteilungskoeffizienten besitzen, so dass eine ausreichend hohe
Konzentration in der Wasserphase vorliegt, über einen breiten pH-Bereich
stabil sein, mit den verschiedenen Komponenten des Präparates verträglich
sein und die physischen Eigenschaften wie Aussehen, Geruch und Farbe nicht
verändern. Kein KM besitzt alle diese Eigenschaften, daher muss für
jedes Präparat ein geeignetes oder eine Kombination aus mehreren
gefunden werden.
Da die Zahl der KM für Dermatika eingeschränkt ist (6) und es
ein hohes Allergisierungsrisiko gibt, erscheint es sinnvoll, nach alternativen
Konservantien zu suchen. Mikroorganismen produzieren eine Vielzahl von
Verbindungen, um durch diese andere Mikroorganismen am Wachstum bzw. an
ihrer Vermehrung zu hindern. Bei solchen Verbindungen handelt es sich
nicht nur um niedermolekulare Strukturen wie Antibiotika, sondern auch
um höhermolekulare Peptide und Proteine, die eine ausgezeichnete
antibakterielle und/oder antifungale Wirkung aufweisen. Aus der Gruppe
solcher antimikrobiell wirkender Peptide wurde das Lantibiotikum Nisin
als mögliche Alternative zu bekannten KM auf sein Wirkungsspektrum
und seine Stabilität in Dermatika getestet (7).
Jedoch wirken diese Peptide vorwiegend gegen grampositive Keime und nur
eingeschränkt gegen gramnegative Bakterien, die aber den Hauptteil
der abzutötenden Wasserbakterien darstellen. Eine Möglichkeit,
das Wirkungsspektrum zu erweitern ist die Kombination mit Chelatbildnern.
Es konnte z.B. gezeigt werden, dass das Wirkungsspektrum von Nisin in
einem Chitosan-EDTA-Gel auch auf die weitaus problematischeren gramnegativen
Keime ausgedehnt werden kann (8).
Bei der Auswahl von Peptiden für die Austestung als mögliche
KM in topischen Zubereitungen sollen folgende Kriterien herangezogen werden:
Geringe bis keine Toxizität, Mindestmolekularmasse von 3000 Da, um
eine Hautresorption auszuschließen (9) und die Verfügbarkeit
genügend großer Mengen des Reinpeptides. Aufgrund dieser Überlegungen
wurde Lysozym ausgewählt. Lysozym, ein globuläres Peptid mit
einer mittleren Molekularmasse von 14 400 Da, ist gut gegen grampositive
Keime wirksam. Die Wirkung beruht auf einer Spaltung der ß-1,4-glykosidischen
Bindungen zwischen N-Acetylmuraminsäure und N-Acetyl-D-glucosaminresten
in Peptidoglykanen wie z.B. dem Murein. Dadurch kommt es zur Bakteriolyse
durch direkten Angriff auf die Zellwand grampositiver Bakterien. Lysozym
wird bereits oral und i.v. gegen bakterielle Infektionen eingesetzt. Topisch
wird es gegen Herpes simplex und Herpes zoster angewendet (10).
Das gegen grampositive Bakterien wirkende Lysozym wurde nun mit Verbindungen,
wie Zimtaldehyd, Kaffee- oder Zimtsäure, die auch gegen gramnegative
Bakterien wirksam sind, kovalent gekoppelt.
In einer erstern Versuchsanordnung wurde eine reduktive Kopplung (11)
von Zimtaldehyd an die freien Aminogruppen der Lysinreste des Lysozyms
vorgenommen; durch diese Modifikation wurde zwar das Wirkungsspektrum
erweitert, bei der Austestung in dermalen Formulierungen als mögliche
neue Konservantien konnte eine Keimzahlverminderung jedoch nicht im geforderten
Ausmaß der Pharmakopoe erreicht werden (12).
Als zweite Reaktion wurde die kovalente Kopplung von Kaffeesäure
bzw. Zimtsäure an Lysozym durch Ausbildung von Amidbindungen zwischen
der Carboxylgruppe des Liganden und einer primären Aminogruppe am
Lysozym durch eine von Carbodiimid vermittelte Reaktion durchgeführt.
Es entstanden neue kovalent gebundene Kaffee- bzw. Zimtsäure/Lysozymkonjugate
(13).
Die Austestung des antimikrobiellen Spektrums wurde für alle Konjugate
mit Staphylococcus aureus (ATCC 6538) als Modellkeim für grampositiv
und mit Escherichia coli (ATCC 8739) als Modellkeim für gramnegativ
durchgeführt. Während bei den Lysozym/Kaffeesäure Konjugaten
zwar die Wirkung auf gramnegative Keime verstärkt werden konnte,
kam es zu einer Wirkverminderung gegen grampositive Keime. Die Lysozym/Zimtsäurekonjugate
zeigten keine signifikante Erweiterung des antimikrobiellen Spektrums.
Um den Verlust der Wirkung gegen grampositive Keime der Kaffesäurekonjugate
wieder auszugleichen, erschien es sinnvoll, eine Mischung von Lysozym/Kaffeesäurekonjugat
mit Lysozym (1+1) auf ihre antimikrobielle Wirkung auszutesten. Diese
Mischung wurde in 3 verschiedenen dermal angewendeten Hydrogelen auf ihre
ausreichende Konservierung gestestet. In HPMC und Natrium-Chitosan-EDTA-Gelen
war eine ausreichende Konservierung gegeben. Nur in Carbopol-Gelen war
diese aufgrund von adsorptiver Bindung an das Polymersystem behindert
(14).
Abschließend kann festgestellt werden, dass es sich bei Lysozym-Kaffeesäurekonjugaten
um interessante neue Konservantien handelt, deren Penetration durch die
Haut aufgrund ihrer hohen Molekülmasse nahezu auszuschließen
ist. Ihre Wirkung hängt jedoch auch vom Vehikel ab, in dem sie eingesetzt
werden. Die antimikrobielle Wirkung sollte daher immer überprüft
werden, da eine Wirkverminderung aufgrund von adsorptiver Bindung an Vehikelbestandteile
nicht auszuschließen ist. Durch neue biotechnologische Methoden
werden immer mehr antimikrobielle Peptide in ausreichendem Ausmaß
zur Verfügung stehen und daher wird ein Einsatz von KM auf Basis
von Peptiden/Polypeptiden immer interessanter werden.
Literatur:
(1) Van Doorne H.: Preservation of ointments and creams. Deutsche Apotheker
Zeitung 125, 800, 1985
(2) Wallhäußer K.H.: Praxis der Sterilisation Desinfektion-Konservierung
4.Ed.,p. 319, Thieme Verlag, Stuttgart 1984
(3) Bernkop-Schnürch A., Valenta C., Urban U.: Mikrobielle Stabilität
von magistral hergestellten Dermatika. Sci.Pharm. 63, 65, 1995
(4) Bernkop-Schnürch A. und Valenta C.: Untersuchungen zur mikrobiellen
Stabilität von magistral hergestellten Cremen und Gelen. ÖAZ
49, 926, 1995
(5) Croshaw B.: Preservatives for cosmetics and toiletries. J.Soc.Cosmet
Chemists 28, 3, 1977
(6) Van Ooteghem M.: Gebrauch von Konservierungsmitteln in Dermatica.
Pharmazie 39, 621, 1984
(7) Valenta C., Bernkop-Schnürch A. und Teltscher Ch.: Nisin, ein
potentielles Konservierungsmittel in topischen Zubereitungen. Pharmazie
51, 119, 1996
(8) Valenta C.; Christen B., Bernkop-Schnürch A.: Chitosan-EDTA Conjugate:
A Novel Polymer for Topical used Gels. J.Pharm.Pharmacol. 50, 1-8, 1998
(9) Bernkop-Schnürch A., Valenta C., Gatterwe V.: In vitro-skin permeation
of the lantibiotic nisin. Eur.J.Pharm.Biopharm. 42, 336, 1996
(10) Morant J., Ruppaner H., (Ed): Arzneimittelkompendium Schweiz, Documed
Basel 1995
(11) Means, G.E., Feeny, R. E.: Reductive Alkylation of Proteins. Analytical
Biochemistry. 224, 1-16, 1995
(12) Valenta C., Bernkop-Schnürch A., Schwartz M.: Modification of
lysozyme with cinnamaldehyde: A strategy for constructing novel preservatives
for dermatics. Int.J.Pharm. 148, 131-137, 1997
(13) Bernkop-Schnürch A., Krist S., Vehabovic M., Valenta C.: Synthesis
and Evaluation of lysozyme derivatives exhibiting an enhanced antimicrobial
action. Eur.J.Pharm.Sci. 6, 301-306, 1998
(14) Valenta C., Schwarz E., Bernkop-Schnürch A.: Lysozyme-Caffeic
acid conjugates: Possible novel preservatives for dermal formulations.
Int.J.Pharm. 174, 125-132, 1998
![]() Foto: Gesellschaft für Dermopharmazie |