Prof. Dr. med. Horst Spielmann
Validierung von In-vitro-Methoden in der Verträglichkeitstestung
Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
Verträglichkeitsprüfungen sind behördlich vorgeschrieben, um Arbeiter während der Herstellung neuer Stoffe zu schützen, um die Sicherheit von Nahrungsmitteln und Getränken abzusichern, um Patienten vor Nebenwirkungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten zu schützen und um Mensch und Umwelt vor Gefährdung durch chemische Stoffe und ihre Rückstände zu schützen, wie z.B. in Kosmetika. Die Standardmethode bei der Verträglichkeitsprüfung ist aus historischen Gründen der toxikologische Tierversuch. Um das Leiden von Versuchstieren bei toxikologischen Verträglichkeitsprüfungen zu vermindern, werden diese Tierversuche nach dem "3-R Konzept" (refinement, reduction and replacement) von Russel and Burch (1959) erfolgreich durch weniger belastende Versuche ersetzt. In einem ersten Schritt führte die Harmonisierung der internationalen Vorschriften für die Verträglichkeitsprüfung zu einer deutlichen Verminderung der Versuchstierzahlen. Es ist jedoch sehr viel schwieriger, einen weltweit für die Verträglichkeitsprüfung akzeptierten Tierversuch durch eine tierversuchsfreie Alternativmethode zu ersetzen.
Inzwischen gibt es Beispiele dafür, dass sicherheitstoxikologische Tierversuche
durch tierversuchsfreie Methoden ersetzen werden können, wenn diese ausreichend
experimentell validiert wurden, um ihre Reproduzierbarkeit und ihre Zuverlässigkeit
für einen bestimmten Zweck nachzuweisen. Das EU-Zentrum für die Validierung
von Alternativmethoden ECVAM in Ispra/Italien hat ein Konzept für die experimentelle
Validierung von Alternativmethoden entwickelt, in dem die Prävalidierung
und die
Anwendung biostatistischer Prädiktionsmodelle eine entscheidende Rolle
spielen. Das ECVAM-Validierungskonzept wurde 1996 von der EU, von den USA und
auch von der OECD akzeptiert. Im Jahr 2000 war der 3T3 NRU PT In-vitro-Phototoxizitätstest
der erste experimentell validierte In-vitro-Toxizitätstest, der von der
EU Kommission offiziell als Verträglichkeitsprüfung akzeptiert wurde.
In demselben Jahr wurden außerdem nach erfolgreicher Validierung durch
ECVAM zwei In-vitro-Tests zur Prüfung auf Äztwirkung an der Haut in
die Prüfrichtlinien der EU für Chemikalien aufgenommen. Inzwischen
hat auch die OECD die drei genannten In-vitro-Toxizitätstests für
die Verträglichkeitsprüfung weltweit anerkannt. Weiterhin hat die
OECD im Jahr 2002 einen In-vitro-Test für die Prüfung auf Hautpenetration
mit menschlicher Haut (Operationsmaterial) akzeptiert und für die Prüfung
auf sensibilisierende Eigenschaften eine neue, weniger belastende Prüfmethode,
den LLNA (local lymp node assay). Schließlich wurde im Jahr 2002 eine
ECVAM-Validierungsstudie von drei In-vitro- Embryotoxizitätstests erfolgreich
abgeschlossen, so dass jetzt drei validierte In-vitro- Embryotoxizitätstests
eingesetzt werden können: ein Test, bei dem ganze Rattenembryonen, und
ein Test, bei dem Extremitätenknospen von Rattenembryonen eingesetzt werden,
sowie der Embryonale Stammzell-Test (EST), bei dem im Gegensatz zu den beiden
anderen Embryotoxizitätstests keine schwangeren Tiere verwendet werden,
sondern eine embryonale Stammzelllinie der Maus.
Foto: GD Gesellschaft für Dermopharmazie |