Die ECVAM Validierungsstudie von In-vitro-Tests zur Klassifizierung hautirritierenden Potenzials
Dr. Manfred Liebsch, Zentralstelle
zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch
(ZEBET),
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Berlin
Im Jahr 2002 wurde die OECD-Prüfrichtlinie
404 zur Bestimmung hautirritierenden und hautätzenden Gefährdungspotentials,
der In-vivo-Test am depilierten Kaninchen, durch eine stufenweise Test- und
Bewertungsstrategie ergänzt, die es erlaubt, vorliegende Erfahrungen am
Menschen, validierte (Q)SAR Vorhersagen, und validierte In-vitro-Tests für
hautätzende und hautirritierende Eigenschaften so einzusetzen, dass nur
noch wenige In-vivo-Prüfungen am Kaninchen erforderlich sind.
Sowohl die 7. Änderungsrichtlinie der EU-Kosmetikverordnung, als auch die
Prüfanforderungen in der Grundstufe nach der geplanten neuen EU-Chemikalienpolitik
(REACH) sieht eine tierversuchsfreie Bewertung des akuten, lokalen Gefährdungspotentials
an Haut und Auge vor. Die dafür neu entwickelten Prüf- und Bewertungsstrategien
können nur dann den erwarteten Arbeits- und Verbraucherschutz bieten,
wenn für beide Endpunkte („ätzend" und „reizend")
wissenschaftlich validierte und anerkannte In-vitro-Testsysteme existieren.
Im Bereich der Vorhersage ätzender Eigenschaften (R34/R35) liegen diese
Tests seit 2004 als weltweit anerkannte OECD-Methoden vor. Seit dem Jahr 1998
laufen Bemühungen, auch die nach Gefahrstoffverordnung als „hautreizend"
(R38) zu kennzeichnenden Stoffe sicher von den nicht reizenden Stoffen zu unterscheiden.
Eine dazu mit fünf verschiedenen In-vitro- Tests (zwei Tests mit menschlichen
Hautmodellen sowie je ein Test mit menschlicher, exzedierter Haut, dem isolierten
Schweineohr und Mäusehaut) durchgeführte ECVAM-Prävalidierungsstudie
ergab leider im Jahr 2000, dass keines der Testsysteme weit genug entwickelt
war, um formal validiert werden zu können.
Nach erfolgreicher Testverbesserung (2001-2003) werden nun drei In-vitro-Tests
für akute Hautirritation in einer vom EU-Validierungszentrum ECVAM geförderten
Studie formal validiert. Zwei kommerzielle humane Epidermis-Modelle, EPISKIN
(EPISKIN SNC, Lyon, Frankreich) und EpiDerm (MatTek, Ashland, USA), werden dabei
erstmalig mit einem gemeinsamen Testprotokoll geprüft, das aus einer Kooperation
zwischen l'Oréal und ZEBET hervorgegangen ist. Zusätzlich wird der
„Skin Integrity Function Test" an exzedierter Mäusehaut evaluiert.
Das Management der gesamten Studie hat ZEBET im BfR übernommen. Jedes der
Testsysteme wird in 3 Laboratorien unter blinden Bedingungen geprüft. Die
Stoffauswahl erfolgte durch unabhängige Experten unter Federführung
des Europäischen Chemikalienbüros in Ispra (Italien). Das Primärziel
der Studie ist eine akzeptable Unterscheidung zwischen solchen Stoffen, die
nach Gefahrstoffverordnung mit R38 oder nicht mit R38 gekennzeichnet werden
müssen. Ein sekundäres Ziel ist dann die mögliche Unterscheidung
von den drei Klassen nach dem zukünftigen, global harmonisierten System
(GHS), die eine Klasse „mild reizend" vorsieht.
Eine kürzlich durchgeführte Analyse der ersten Phase der Studie hat
gezeigt, dass beide Hautmodelle exzellente (und übereinstimmende) Vorhersagen
innerhalb der vorher definierten Akzeptanzkriterien geliefert haben. Da alle
Fehlklassifikationen nur im Übergangsbereich zwischen „nicht reizend"
und „reizend" lagen, wird in der zweiten Phase ein weiterer Endpunkt
neben der Hautviabilität geprüft, die Freisetzung von IL-1?. Der SIFT
an Mäusehaut schnitt überraschend schlecht ab, so dass er nicht in
die zweite Phase übernommen wird, sondern statt dessen die Limitierungen
des Tests im Entwicklerlabor genauer charakterisiert erden. Das Konzept der
Studie und die derzeit verblindet vorliegenden Ergebnise der Phase 1 wurden
beim GD-Symposium dargestellt.
nach oben