Dr. med.
Joachim Fluhr
Barrierelipide
unter Einschluss von Ceramiden beeinflussen das atopische Ekzem in der Kindheit
Universitäts-Hautklinik, Universitätsklinikum, Jena
Die Barrierefunktion der Haut wird durch interzelluläre
Lipid-Bilayers im Stratum Corneum (S.C.) vermittelt. Cholesterol (25 %), Ceramide
(40 %), freie Fettsäuren (20 %) sind die zentralen Lipide in der Formation
der Bilayer. Diese Lipidklassen weisen ein äquimolares Verhältnis
unter physiologischen Bedingungen auf. Nach einer Barrierestörung kommt
es zu einer sofortigen Zunahme der Synthese von epidermalem Cholesterol und
von freien Fettsäuren. Die zentralen Lipide werden im interzellulären
Raum in Form einer Mischung von Lipidvorstufen beim Ausschluss des Lamellärkörpercheninhaltes
an der S.C.-Stratum-Granulosum- Grenze sekretiert. Die Verschmelzung der abgesonderten
lamellären Inhalte innerhalb des Stratum Corneums führt zur Formierung
kontinuierlicher Membranschichten, deren Folge die Entstehung reifer Bilayerstrukturen
ist.
Diese strukturelle Membrantransformation geht mit einer Veränderung der
Lipidzusammensetzung einher: Die polaren Lipidvorläufer werden zu Lipidprodukten,
die eher nonpolar sind, umgewandelt. Studien haben nachgewiesen, dass die lokale
Anwendung von nur einem oder zwei der drei physiologischen Lipide auf veränderter
muriner Haut eher negative als förderliche Funktionen bezüglich der
Barriereregeneration aufweisen. Lokal applizierte physiologische Lipide erscheinen
nicht nur konzentriert in den Domänen der S.C.-Membran, sie werden zusätzlich
in die kernhaltigen Schichten der Epidermis geliefert. Der Zusammensetzung der
Lipidmischung nach werden entweder normale oder abnormale Lamellärkörperchen
formiert, die in normalen oder abnormalen lamellären Strukturen im interzellulären
S.C.-Raum resultieren.
Der Einschluss von applizierten physiologischen Lipiden in die Barrierelipide
erfolgt nach zwei Mechanismen:
1) Direkter Einschluss in die S.C.-Membrandomäne
2) Die Lipide treten über den interzellulären Weg in das S.C über
und werden schließlich in den Zellen des unteren Stratum Granulosum inkorporiert.
Die interzellulären Lipide dringen dann in die Kernzellen ein, werden in
bestimmte metabolische Wege eingeschleust und betreten erneut die interzellulären
Membrandomäne durch das Lamellärkörperchenlieferungsystem. Studien
bestätigen die Hypothese, dass die Epidermis in der Lage ist, physiologische
Lipide zu internalisieren und zu verarbeiten. Eine direkte Stimulation von nukleären
Hormonrezeptoren konnte für Peroxisomen Proliferator aktivierte alpha-Rezeptoren
mit einer antientzündlichen Wirkung belegt werden. Bestimmte Lipide wie
zum Beispiel Linolensäure wirken als Rezeptor-Agonisten und greifen positiv
in den Lipidmetabolismus ein.
Die Wirkung von Hautcremes bei der Behandlung der atopischen Dermatitis ist
gut belegt. Bei der atopischen Dermatitis sind S.C.-Hydration und Wasserbindungskapazität
erniedrigt. Darüber hinaus weisen diese Patienten eine gestörte Barrierefunktion
sowohl in gesunder als auch in betroffener Haut auf. Ferner sind Patienten mit
atopischer Dermatitis anfälliger, ein irritatives Kontaktekzem zu entwickeln.
Bei der atopischen Dermatitis findet sich ein verminderter Gehalt der S.C.-Barrierelipide,
insbesondere von Ceramid 1 und 3. Die Reduktion des Ceramidgehaltes kann zu
einer Überfunktion des Epidermis-spezifischen Enzyms Sphingomyelindeacylase
führen. Weiterhin findet sich bei diesen Patienten eine verminderte Talgdrüsenaktivität.
Bei der atopischen Dermatitis werden die Lamellarkörperchen inkomplett
ausgeschleust und unvollständig organisiert. Dies, zusammen mit dem veränderten
S.C.-Lipidgehalt, erklärt die gestörte Barrierefunktion bei der atopischen
Dermatitis.
Daher sollte physiologische Hautpflege bei Patienten mit atopischer Dermatitis
die Barrierefunktion verbessern und die S.C.-Hydratation erhöhen. Die verwendeten
Produkte sollten gegen exogene Noxen schützen und antibakterielle Eigenschaften
gegen Staph. aureus aufweisen (zum Beispiel durch Zusatz von Triclosan). Diese
Anforderungen werden am besten von Formulierungen mit W/O-Charakter und einem
hohen Wassergehalt sowie einem hohen Anteil an Moisturizern (zum Beispiel Glycerol)
und darüber hinaus einer physiologischen Zusammensetzung der Lipide mit
Hauptgewicht auf der Ceramidfraktion erfüllt.
In einer kürzlich veröffentlichten, offenen Studie konnten bei Kindern
unter einer Begleittherapie mit einer Ceramid-dominierten Hautpflege gute Ergebnisse
bezüglich des klinischen Bildes, der Barrierefunktion sowie der S.C.-Hydratation
belegt werden. Eine optimierte Externatherapie als Ergänzung der Standardmedikation
könnte eine sichere Dauertherapie bei der atopischen Dermatitis darstellen
und so zur Verbesserung der Lebensqualität dieser Patienten beitragen.
![]() ![]() Fotos: GD Gesellschaft für Dermopharmazie |