Dr. Inge Schuster
Selektive Inhibitoren von Vitamin-D-Hydroxylasen:
Erfolgversprechende Substanzen zur Therapie proliferativer entzündlicher
Hautkrankheiten
Institut
für Pharmazeutische Chemie, Universität Wien
Neben seiner primären Funktion in der Calcium-Homöostase spielt der Vitamin-D (VD)- Metabolit 1,25-Dihydroxyvitamin D3 (1,25(OH)2D3) eine bedeutende Rolle in der Kontrolle von Wachstum und Differenzierung verschiedenster Zelltypen. 1,25(OH)2D3 reguliert gebunden an seinen nukleären Rezeptor VDR die Expression zahlreicher Gene– in der Art von Steroidhormonen. Da VDR in praktisch allen Körperzellen vorkommt, sind diese auch Target für die hormonelle Wirkung von 1,25(OH)2D3.
In der Haut blockiert 1,25(OH)2D3 die Proliferation von Keratinozyten und stimuliert deren terminale Differenzierung: eine Aktivität, die in der therapeutischen Wirksamkeit von topisch appliziertem 1,25(OH)2D3 (-Analogon) gegen Psoriasis (einer hyperproliferativen, entzündlichen Hauterkrankung) ihre Entsprechung findet. Keratinozyten sind nicht nur Target für die Wirkung von 1,25(OH)2D3, sondern können das Hormon auch in hohem Maße selbst herstellen, was auf seine autokrine/parakrine Rolle in der Homöostase der Haut hinweist. Die Spiegel an 1,25(OH)2D3 sind allerdings nur kurzlebig, da das Hormon rasch die Expression von CYP24A1 induziert, einem Enzym, das nach wiederholter Hydroxylierung der VD-Seitenkette zu biologisch inaktiven Produkten führt.
Um die Spiegel, Lebensdauer und damit biologische Aktivität des Hormons zu verlängern, haben wir (am Novartis Forschungsintitut, Wien) ein Projekt gestartet, das die selektive Inhibierung des Metabolismus durch CYP24A1 (nicht aber der Synthese durch das nahe verwandte Cytochrom-P450-Enzym CYP27B1) zum Ziel hatte. Die Zielstruktur möglicher Inhibitoren sollte a) einen Azolrest enthalten, um die Verbindung direkt am Haemeisen des Cytochroms zu verankern, b) Seitenketten besitzen, die durch spezifische Wechselwirkungen in der Substrat-Bindungsstelle Selektivität erzeugen sollten.
Insgesamt synthetisierten wir etwa 400 solcher “Azole” und prüften
ihr Potenzial zur Inhibierung von VD-Hydroxylasen in primären Kulturen
von Humankeratinozyten als geeignetestem Modell. Aus diesen Tests resultierten
mehr als 30 selektive, potente Inhibitoren von CYP24 (IC50 < 100 nM), die
in nachfolgenden Untersuchungen die angestrebte Erhöhung der Spiegel und
Lebensdauer von endogen (aus dem Vorläufer 25(OH)D3) generiertem 1,25(OH)2D3
in Keratinozyten zeigten. Die erhöhte Hormon-Exposition führte zur
postulierten starken Potenzierung der hormonellen Wirkung auf die Expression
eines Marker-Gens und der antiproliferativen Aktivität.
Selektive CYP24-Inhibitoren können – über die
Dermatologie hinaus – in einer weiten Reihe von klinischen Indikationen
Einsatz finden. Wir schlagen die Anwendung eines CYP24-Inhibitors vor a) als
Einzelsubstanz, um die Spiegel endogener aktiver VD-Metabolite zu stabilisieren,
b) als Kombinationspräparat mit einem hochaktiven niedrigdosiertem Vitamin-D-Analogon,
das bei therapeutischer Dosierung entweder schwere Nebenwirkungen (Hypercalcämie)
erzeugen würde oder auf Grund seiner metabolischen Labilität nur ungenügende
Wirkung entfaltet.
|