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Reinhard
Rychlik
Institut für empirische Gesundheitsökonomie,
Burscheid
Patientendefinierte
Outcomesforschung als Grundlage der Nutzenbewertung von Dermatika
Mit der Einführung des GKV-Modernisierungs-Gesetzes
(GMG) wurde auch die so genannte 4. Hürde der Arzneimittelregulation
- die Nutzenbewertung - in Deutschland zur Reglementierung von GKV-Leistungen
eingeführt. Dafür wurde das Institut für Qualität
und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) installiert. International
wird die Nutzenbewertung in vielen Ländern Europas als Bestandteil
des Zulassungs- und Erstattungsverfahrens zur Reglementierung von Gesundheitsleistungen
eingesetzt. Sie spielt eine erhebliche Rolle bei der Festsetzung von Positiv-
und Negativlisten.
Für die Versorgungsforschung ist dabei von Interesse, dass die Nutzenbewertung
der Arzneimittel durch den Vergleich mit anderen Therapien, in der Regel
einer Standardmethode (Methode mit erwiesener Wirksamkeit) beziehungsweise
der üblicherweise eingesetzten Methode (Wirksamkeit nicht nachgewiesen),
erfolgt. Als Datenbasis für eine Nutzenbewertung können dabei
sowohl unterschiedliche prospektive experimentelle beziehungsweise beobachtende
Studientypen als auch retrospektive Evaluationen, Meta-Analysen beziehungsweise
Modellierungen herangezogen werden. Gemäß den Richtlinien der
evidenzbasierten Medizin werden Studien nach den Evidenzklassen I-V klassifiziert.
Randomisierte, doppelblinde klinische Studien haben danach das höchste
Gewicht für die Nutzenbewertung.
Bei der Beurteilung zum Nutzen von Arzneimitteln sollte aber nicht nur
die in klinischen Studien nachgewiesene klinische Wirksamkeit (Efficacy)
berücksichtigt werden, sondern es sollte der Alltagswirksamkeit (Effectiveness),
die im Behandlungsalltag in Beobachtungs- beziehungsweise Kohortenstudien
erhoben wird, ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Entsprechend
angelegte Studien könnten einen maßgeblichen Beitrag zur Versorgungsforschung
liefern.
Problematisch im GMG ist die offene Formulierung des Nutzenbegriffs. Vor
der Implementierung einer Nutzenbewertung hätte im wissenschaftlichen
Diskurs eine entsprechende Nutzendefinition bestimmt werden müssen.
Ausschlaggebend für die Definition des Nutzens von Gesundheitsleistungen
sind zum einen die Perspektive (Patient, Arzt, Krankenkasse, Politik,
Gesamtgesellschaft) und zum anderen auch, anhand welcher Merkmalsausprägungen
die Wirksamkeit der Maßnahmen gemessen werden soll, wie zum Beispiel
Heilung, Prävention, Verkürzung von Liegezeit oder auch Verbesserung
der Compliance und Lebensqualität.
Das Arzneimittelverordnungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) legt nun
fest, wie der Nutzen von Arzneimitteln beziehungsweise eine therapeutische
Verbesserung zu bestimmen ist: "Der Nachweis einer therapeutischen
Verbesserung erfolgt
durch Bewertung von klinischen Studien nach
methodischen Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin
dabei
sind vorrangig klinische Studien, insbesondere direkte Vergleichsstudien
mit anderen Arzneimitteln dieser Wirkstoffgruppe mit patientenrelevanten
Endpunkten, insbesondere Mortalität, Morbidität und Lebensqualität,
zu berücksichtigen."
International wird die Nutzenbewertung immer in Verbindung mit den Kosten
- als Kosten-Nutzen-Bewertung - durchgeführt. In Deutschland werden
die Kosten aber nur im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots vom Gemeinsamen
Bundesausschuss mit begutachtet, ohne dass hierfür gesundheitsökonomische
Instrumente verwendet beziehungsweise gesundheitsökonomische Evaluationen
gefordert werden.
Eine Nutzenbewertung, die auf Versorgungsforschungsstudien basiert, könnte
zu einer besseren Versorgung sowie einem geringeren Ressourcenverbrauch
führen. Diesen Weg hat der Gesetzgeber aber nicht eingeschlagen.
Zwar hat das AVWG den Anspruch, dass "die Arzneimittelversorgung
besser als bisher an dem tatsächlichen medizinischen Versorgungsbedarf
der Patientinnen und Patienten ausgerichtet sein soll", es fördert
aber lediglich weiter Preisdiktat und Budgetierung.
Prof.
Dr. Dr. med. Reinhard Rychlik
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Fotos: GD Gesellschaft für Dermopharmazie
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